Friedensnobelpreis 2006 für Prof. Muhammad Yunus

Die Nachrichtenticker verbreiten die Nachricht bereits: In diesem Jahr teilt sich der Wirtschaftsprofessor Muhammad Yunus den Friedensnobelpreis mit der von ihm gegründeten Grameen–Bank. Hierzulande ist er (leider) fast gänzlich unbekannt. In seiner Heimat Bangladesh dagegen dürfte er mittlerweile ein Nationalheld sein. Mit seiner Grameen–Bank leiht er armen Menschen Kleinstkredite (sogenannte Mikrokredite) und hilft ihnen damit, eine selbständige Tätigkeit wahrzunehmen. Er hatte in den 70er Jahren beobachtet, dass viele Menschen, vor allem Frauen, oft nur wenige Cents brauchen, um ihre wirtschaftliche Situation deutlich zu verbessern.

One particular incident took me in a new direction. I met a woman who was making bamboo stools. After a long discussion I found out that she made only two U.S. pennies each day. I couldn’t believe anybody could work so hard and make such beautiful bamboo stools yet make such a tiny amount of profit. So I tried to understand. She explained to me that she didn’t have the money to buy the bamboo to make the stools, so she had to borrow from the trader – and the trader imposed the condition that she had to sell the product to him alone, at a price that he decided.

And that explains the two pennies – she was virtually in bonded labour to this person. And how much did the bamboo cost? She said, »Oh, about twenty cents. For a very good one, 25 cents« I thought, »My God! People suffer for 20 cents, and there is nothing anyone can do about it.« I debated whether I should give her 20 cents, but then I came up with another idea – let me make a list of people who needed that kind of money. I took a student of mine and we went around the village for several days and came up with a list of forty–two such people. When I added up the total amount they needed I got the biggest shock of my life: It added up to 27 dollars! I felt ashamed of myself for being part of a society which could not provide even $27 to 42 hard–working, skilled humand beings.

Muhammad Yunus, The Empowerment fo the Poor; Keynote Address to the 1996 State of the World Forum. October 4, 1996. San Francisco; in: The AIESEC Learing Tool: Learning and Acting for a Shared Future – Your youth action guide, 1998.

Das Zitat stammt aus einer Rede, die er beim State of the World Forum 1996 in San Francisco hielt. Die Tonaufnahme seiner Rede fasziniert durch seine sanfte Stimme, die das Bild eines intelligenten und leidenschaftlichen, aber vor allem bescheidenen Mannes vermittelt. In der Oktober–Ausgabe der GEO gibt es einen sehr schönen Artikel über die Arbeit der Grameen–Bank mit dem Titel »Die Barfüsser–Bank« (ab Seite 94).

Während Mikrokredite in armen Ländern eine wichtige Rolle spielen, wird ihre Bedeutung erst seit wenigen Jahren auch für Deutschland diskutiert. Dabei handelt es sich bei den Mikrokrediten von heute nicht mehr um wenige Cents wie vor 30 Jahren. Dennoch haben Gründer und Unternehmer auch hierzulande Probleme, kleinere Summen als Kredit aufzunehmen. Wobei es als Privatmensch wiederum häufig einfacher ist, wenn man ein geregeltes Einkommen nachweisen kann. Ohne Probleme bekommt auch hierzulande nur derjenige einen Kredit, der das Geld eigentlich nicht nötig hätte bzw. Sicherheiten vorweisen kann, die den Kreditbetrag zu mehr als 100% abdecken. Eine Haltung, die Gründern und Kleinunternehmern besondern in wirtschaftlich schlechten Zeiten nicht weiterhilft. Insofern ist die Ehrung von Mohammad Yunus nicht nur eine Würdigung seiner Arbeit, sondern auch eine Mahnung an Wirtschaft und Politik, nicht nur die Starken, sondern auch die Schwachen zu stärken und ihnen eine Chance zu geben.

Veröffentlicht von Gedankenreiter

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