Wie wir es schaffen, im Internet künstlich einen „Skandal“ zu erzeugen, und damit am Aufbau einer handfesten Trollkultur basteln. Mein Kommentar zum sogenannten #fappygate
1994: Vergiss nie, dass auf der anderen Seite des Bildschirms ein Mensch sitzt.
2014: Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!
— Daniel S. Lee ~ ??? (@gedankenreiter) 7. August 2014
Wenn sich vor 20 Jahren zwei Menschen im Internet gestritten hätten, hätten andere die Beteiligten zur Mäßigung aufgerufen. Damals gingen die Menschen davon aus, dass die Kommunikation im und durch das Internet niemals die tatsächliche Kommunikation von Angesicht zu Angesicht ersetzen könne. Die gesamte nonverbale Kommunikation z. B. fehlt. Aber auch das geschriebene Wort könnte schnell missverstanden werden, wenn der Kontext nicht ersichtlich ist.
1994 ging ich zum ersten Mal ins Internet, Anfang 1995 gab mir meine Universität meine erste E-Mail-Adresse. Und in einer der ersten Mails, die ich bekam, schickte mir jemand die Netiquette. Das Medium war für uns alle noch neu und aufregend. Das Internet selbst gibt es schon länger, aber das WWW stand erst am Anfang. Und natürlich wollten wir da keine Fehler machen. Weder technische im Umgang mit Browser und E-Mail (damals zählte noch jedes Bit und Byte) noch soziale im Umgang mit Menschen, die am anderen Ende des Bildschirms saßen.
Entsprechend lautete der erste Grundsatz der Netiquette auch:
„Vergiss nie, dass auf der anderen Seite ein Mensch sitzt
Die elektronische Kommunikation beschränkt sich auf geschriebene Worte, welche leicht missverstanden werden können. Ergo sollte man sich, bevor man etwas mailt oder postet, zuerst fragen, ob man dem Gesprächspartner das, was man geschrieben hat, auch ins Gesicht sagen würde. Wenn nicht, sollte man den Text noch einmal durchdenken und gegebenenfalls umformulieren oder neu schreiben.
Ein weiterer Grund, Geschriebenes, das man durchs Internet zu senden plant, gut zu durchdenken, ist, dass es eventuell irgendwo gespeichert wird.“
Etwas anderes, das es gefälligst zu vermeiden galt, waren sogenannte „flame wars“.
„Hilf’, ‚flame wars‘ unter Kontrolle zu halten
‚Flaming‘ nennt man das, was Leute tun, wenn sie eine Meinung, von der sie absolut überzeugt sind, zum Ausdruck bringen, ohne dabei ihre Gefühle zu verbergen. ‚Flaming‘ ist eine alte Tradition und muss nicht gegen die Netiquette verstossen.
Anders sieht es mit sogenannten ‚flame wars‘. Dabei handelt es sich um einen schriftlichen Schlagabtausch zwischen zwei oder mehr Personen unter Verwendung meist sehr offensiver Schreibweise. Solche Kleinkriege können die Atmosphäre einer Diskussionsgruppe schnell verderben und behandeln diejenigen unfair, die daran unbeteiligt sind, aber dadurch belästigt werden.“
Ich kann mich nicht mehr an konkrete flame wars erinnern, sondern habe sie wenn nur am Rande mitbekommen. Ich kann mich aber daran erinnern, dass sie äußerst verpönt waren und Personen, die sich an solchen flame wars beteiligt haben, gerne auch mal aus Mailinglisten ausgeschlossen wurden. Das Internet sollte schließlich zur friedlichen Kommunikation und zum konstruktiven Austausch genutzt werden. Unsere Zeit und unser Geld waren uns zu kostbar für unsinnige Streitereien.
Wenn sich also damals zwei Menschen im Internet gestritten hätten, wir hätten eher versucht, den Streit zu schlichten bzw. zu beenden.
Heute, im Jahr 2014, ist das anders. Heute schlichten wir keinen Streit mehr, sondern gießen noch Öl ins Feuer, holen uns Popcorn dazu und genießen das, was kommt. Und wenn das nicht reicht, dann holen wir uns noch andere dazu, die ebenfalls Öl ins Feuer gießen.
Das jüngste Beispiel
Jemand schreibt einen Artikel über junge Menschen bei Facebook, Twitter und Youtube und darüber, wie diese eine eigene Subkultur schaffen, die von älteren Menschen und den etablierten Medien bislang weitestgehend ignoriert wird.
Jemand anders, auf Twitter bislang als @FrDingens unterwegs, meinte, in diesem Artikel Aussagen von ihren eigenen Vorträgen wiederzuerkennen. Auf Twitter kommt es dann wohl zu einer Auseinandersetzung zwischen beiden, die ich nicht mehr rekonstruieren kann, da @FrDingens aufgrund dessen, was danach folgte, ihren Account und damit ihre Tweets gelöscht hat.
Früher hätten wir, die Zaungäste, wohl beide ermahnt, ihre Auseinandersetzung doch bitte sachlich zu führen. Oder noch besser: dies im Dialog per E-Mail zu klären, als unsere Twitter-Timeline damit zu füllen.
Heute läuft das anders ab. Wie, das hat die dritte Hauptfigur in diesem Drama selbst recht gut dokumentiert: Durch die Auseinandersetzung auf Twitter angelockt, wird @sascha_p (wie wohl andere auch) neugierig und beteiligt sich an der Interpretation des Gesagten und Geschriebenen. Dabei scheint sich @FrDingens in seinen Augen derart im Ton vergriffen zu haben (wie gesagt, im Nachhinein kann ich die „Schimpftirade“ selbst nicht rekonstruieren), dass er sich genötigt fühlt, einzugreifen:
„…wer [@FrDingens] so auf die Kacke haut, der darf auch gerne mal ein wenig gefoppt werden, oder?“
(noch weiter folgende Zitate von ihm und @FrDingens stammen aus seiner Dokumentation)
Machen wir einen kleinen Exkurs: Was heißt „foppen“?
Der Duden sagt dazu:
„jemandem (meist im Scherz) etwas Unwahres sagen [und sich darüber freuen, wenn er es glaubt]“
[Quelle: duden.de, abgerufen am 07.08.2014]
Ich verstehe das so: Wenn ich der Meinung bin, jemand benimmt sich daneben, dann habe ich das Recht, diese Person zu veräppeln, mich über diese Person lustig zu machen, sie zu piesacken und mir einen Spaß daraus zu machen.
Ehrlich? „Dürfen“ wir das?
Nun ja, es gibt wohl kein Gesetz, dass das „foppen“, das Ärgern anderer Menschen grundsätzlich verbietet.
Nur:
„Vergiss nie, dass auf der anderen Seite ein Mensch sitzt“
Wie weit darf das „foppen“ denn gehen? Warum habe ich überhaupt das Bedürfnis, jemanden anderen zu foppen? So, wie @sascha_p es beschreibt, habe ich das Gefühl, @FrDingens nervt ihn und er will ihr eine Lektion erteilen. Etwas, das heutzutage viele zu motivieren scheint. Anderen eine Lektion zu erteilen. Sie zu belehren. Sie vorzuführen, um zu zeigen, wie schlecht sie sind.
Mit welchem Ziel eigentlich? Wenn mich die Vorwürfe von @FrDingens, da hätte sich jemand bei ihren Ideen bedient, gestört hätten, ich hätte sie gebeten, dies doch mal ausführlich in einem Artikel zu belegen, damit darüber sachlich-fachlich diskutiert werden kann. Ich weiß, das ist nicht sexy. Aber möglicherweise entsteht eine konstruktive Diskussion. Auf Twitter so etwas auszufechten ist meiner Meinung nach sinnlos, da hierfür zu wenig Mitteilungsraum zur Verfügung steht.
Oder waar es gar nicht der Inhalt der Vorwürfe, sondern nur die Art des Vorwurfs? Hätte da nicht ein Hinweis ausgereicht, sich im Ton zu mäßigen und die Kritik doch bitte sachlich vorzubringen?
Stattdessen soll jetzt eine Person gefoppt werden, die gerade eine „Schimpftirade“ loslässt. Welche Reaktion hat @sascha_p da erwartet? Was würde die Fopperei einer dritten, bisher unbeteiligten Person bewirken? Dass sich die Person, der die Fopperei gilt, beruhigt?
Will ich der anderen Seite, der diese „Schimpftirade“ galt, zur Hilfe kommen, gibt es doch andere Wege.
„Vergiss nie, dass auf der anderen Seite ein Mensch sitzt“
Stattdessen nimmt @sascha_p das Verhalten von @FrDingens zum Anlass und zur Rechtfertigung für seine Fopperei. Mit dem Ergebnis, dass @FrDingens ihn beleidigt:
„@FrDingens: .@sascha_p fappst du dir eigentlich die ganze Zeit einen drauf mich vergeblich zu dissen oder bist du einfach so ein nervender Zeitgenosse?“
Ich musste erst einmal das Wort „fappen“ nachschlagen, das ich bis dato nicht kannte. Also:
„fappen beschreibt das Geräusch beim Onanieren, wenn die Vorhaut schnell hin- und hergeschoben wird, was sich in etwa anhört wie ‚fap fap fap‘…
Eingedeutscht vom englischen Wort ‚fapping‘.“
[Quelle: mundmische.de, abgerufen am 07.08.2014]
Ich versuche das wieder zu übersetzen: Holst du dir die ganze Zeit einen runter, während du vergeblich versuchst, mich fertig zu machen, oder bist du einfach so ein nervender Zeitgenosse?
Ein anderes Wort, das in der gleichen Antwort steht, aber von den meisten kommentarlos übergangen wird, ist das Wort „dissen“.
„Das jugendsprachliche Verb dissen (von englisch disrespect, discriminate oder discredit abgeleitetes Verb to diss;[1] Abkürzung für diskreditieren oder diskriminieren) bedeutet jemanden schlechtmachen, jemanden schräg anmachen, respektlos behandeln oder jemanden schmähen.“
[Quelle: Wikipedia, abgerufen am 07.08.2014]
Wenn @FrDingens von „dissen“ spricht, sagt dies einiges darüber aus, wie sie die „harmlose Fopperei“ aufgenommen hat. Nämlich als Versuch, sie herabzuwürdigen. War ihm das nicht bewusst? Hätte er aufgrund ihrer Reaktionen nicht schon früher sehen müssen, dass seine Fopperei nur für ihn (und die Gegner von @FrDingens) witzig ist und er damit lediglich Öl ins Feuer gießt? Oder war genau das seine Absicht?
In der Nachbetrachtung wundere ich mich, dass ihm das nicht selbst klar wird, stellt er doch selbst fest, dass @FrDingens vor einiger Zeit wohl von einem Internet-Stalker belästigt und traumatisiert wurde. Wenn er das nachträglich feststellt, sollte er dann auch nicht in der Lage sein, sein Verhalten und dessen Wirkung anders zu bewerten?
„Was aber gar nicht geht ist die Art und Weise wie du hier ein Fass gegenueber Andreas Rickmann aufmachst, behauptest er haette dreist kopiert und ihn an einen oeffentlichen Pranger nagelst.“
Offensichtlich hält er das Verhalten von @FrDingens für so gravierend, dass frühere Traumata keine Berücksichtigung wert sind. Sie hat ja schließlich angefangen, oder? (Ich sag dazu nur: Verantwortung!)
Warum ist das Wort „fappen“ in diesem Zusammenhang überhaupt so problematisch?
Weil @FrDingens eine Frau und Feministin ist.
Denn seien wir mal ehrlich: wäre die Antwort von einem Mann erfolgt, es hätte keinen Skandal gegeben. Wenn Männer unter sich sind, dann reden manche halt manchmal so (unter der inzwischen geschlossenen Facebook-Seite von @FrDingens hatte jemand kommentiert, der @sascha_p sei so und das müsse man wissen, wenn man sich auf eine Diskussion mit ihm einließe; warum das dann nicht auch umgekehrt gelten soll, erschließt sich mir nicht). Und in der gleichen Art fällt dann auch die Reaktion von @sascha_p aus:
„ich gebe es zu.Ich habs getan @meisterperson aber nur damit @FrDingens das auch mal erlebt hat 😉 Und jetzt weiter Mimimi bitte…“
Wenn ich seine Reaktion lese, kann ich hier keine Entrüstung oder Beleidigung, sondern eher Amüsement erkennen. Auf ihre Beleidigung hin macht er einen weiteren Witz und gießt damit weiter Öl ins Feuer.
Noch mal ein kleiner Exkurs: Wie nennt man im Internet Personen, die gerne andere provozieren?
„Als Troll bezeichnet man im Netzjargon eine Person, welche die Kommunikation im Internet fortwährend und auf destruktive Weise dadurch behindert, dass sie Beiträge verfasst, die sich auf die Provokation anderer Gesprächsteilnehmer beschränken und keinen sachbezogenen und konstruktiven Beitrag zur Diskussion enthalten.“
[Quelle: Wikipedia, abgerufen am 07.08.2014]
Moment mal, hat @FrDingens nicht ebenso Öl ins Feuer gegossen, als sie sich auf @sascha_p eingelassen hat?
1. Im Umgang mit Trollen gibt es die Empfehlung: Don’t feed the trolls. Hätte @FrDingens also nicht auf die Provokationen von @sascha_p reagiert, es wäre womöglich nicht zu dieser Eskalation gekommen. Trägt sie also eine Mitschuld an der Fopperei?
Auf der anderen Seite, hätte sich @sascha_p erst gar nicht eingemischt, hätte @FrDingens ihn nicht beleidigt. @sascha_p wurde von niemanden gezwungen, @FrDingens zu foppen. Seine Fopperei war nicht das Ergebnis ihrer Antworten an ihn, sondern war von Anfang an als Fopperei beabsichtigt. Er hat sie angesprochen wie sie den Autor des oben genannten Artikels angesprochen hat. Insofern sollten wir hier nicht Ursache und Wirkung verwechseln. @FrDingens hat nicht @sascha_p provoziert (das, worüber er sich aufgeregt hat, galt nicht ihm), sondern @sascha_p ist mit dem Vorsatz der Provokation in die Diskussion eingestiegen. Muss sie sich das gefallen lassen?
2. Was die Kritiker von @FrDingens ebenfalls übersehen, ist die Frage, ob beide hier auf Augenhöhe kommunizieren. Haben sich da nur ein Mann und eine Frau „gestritten“? Wenn sie allein in einem Zimmer gewesen wären, würde ich sagen, ja. Aber im Internet sind wir nicht allein und gerade auf Twitter haben wir alle eine Gefolgschaft. Diese Gefolgschaft bedeutet Reichweite und Einfluss, damit aber auch Verantwortung. Gerade weil ich mit meinem Verhalten ein Vorbild für andere bin und mein Verhalten andere motivieren kann, ebenfalls tätig zu werden. Die Anzahl der Follower ist für mich schon ein Indiz dafür, wie schnell Mehrheiten und damit Machtverhältnisse geschaffen werden können. Und je mehr Follower, desto mehr Verantwortung besitze ich auch. Ihr kennt doch alle den Spruch von Spider-Man: „with great power there must also come great responsibility“.
„Hilf’, ‚flame wars‘ unter Kontrolle zu halten“
Wie gesagt, wenn wir uns damals in einem Streit eingemischt hätten, dann mit dem Vorsatz, den Streit zu schlichten bzw. zu beenden. Nicht, um noch mal Öl ins Feuer zu gießen.
Der Sexismus-Vorwurf
Kommen wir nun zum Vorwurf des Sexismus. Dabei stehen, soweit ich sehen kann, zwei Tweets im Mittelpunkt:
Für @FrDingens ist die Antwort von @sascha_p sexistisch, in der er „scherzhaft“ zugibt, dass er mastubiert, nur damit sie das auch mal erleben könne.
Und @sascha_p ist der Ansicht, dass sie auf diese Weise nur einen Sexismus-Skandal herbeireden würde, da sie ja schließlich mit ihrem „fapp“-Tweet den Anfang gemacht hätte.
Was ist eigentlich Sexismus?
Die Frage klingt relativ einfach, ist aber nicht so einfach zu beantworten. Denn je nach Gesichtspunkt oder Fachbereich wird Sexismus unterschiedlich definiert.
Grundsätzlich dürfte unstrittig sein, dass es sich bei Sexismus um Diskriminierung handelt, die sich auf das Geschlecht der Person bezieht. Im soziologisch geprägten Diskurs wird im Sexismus, wenn ich das richtig verstanden habe, auch immer ein Machtgefälle dahingehend gesehen, dass Männer auf wirtschaftlicher, politischer und sozialer Ebene privilegiert sind gegenüber Frauen, so dass sich im Sexismus ein Unterdrückungsverhältnis ausdrückt. Da die Macht auf Seiten der Männer ist, können Frauen daher Männer vielleicht beleidigen, aber nicht sexistisch diskriminieren. Würde zwischen Männern und Frauen kein Machtgefälle existieren, wäre das was anderes. (Siehe auch Feminismus101: Was ist Sexismus? )
@sascha_p könnte aus meiner Sicht berechtigterweise beleidigt sein aufgrund des „fapp“-Tweets. Er scheint aber, wie oben bereits geschildert, eher amüsiert zu sein und macht einen weiteren Witz. Erst der indirekte Sexismus-Vorwurf empört ihn, der seiner „witzigen“ Antwort auf den „fapp“-Tweet galt.
Dabei enthält seine Antwort genau die Zutaten, die Sexismus ausmachen: den Willen, @FrDingens herabzusetzen mit Hilfe einer sexuellen Anspielung. So zu tun, als ob @FrDingens sein Verhalten nötig hätte und er es ihr besorgen könne. Das ist eindeutig sexistisch.
Und wenn sich @sascha_p in der Vergangenheit tatsächlich auch mit Sexismus auseinandergesetzt hat, dann sollte er das auch wissen. Dass @FrDingens seiner Meinung nach jemand anderen an den öffentlichen Pranger gestellt hat, kann dafür keine Rechtfertigung sein. Um es noch mal deutlicher zu sagen: Ein vermeintliches oder tatsächliches Fehlverhalten einer Frau rechtfertig keinen sexuellen Übergriff auf die Frau.
War die Äußerung von @FrDingens nun auch sexistisch oder nicht? Nun, das hängt wohl davon ab, ob man überzeugt ist, ob Frauen Männer sexistisch diskriminieren können oder nicht. Die Äußerung war zumindestens beleidigend, und auch solche Äußerungen haben in einer vernünftigen Diskussion nichts zu suchen. Trotz der Provokationen.
Aber unabhängig davon, wie die Antwort darauf ausfällt, das Verhalten von @sascha_p ist und bleibt trotzdem sexistisch. Denn wenn die Äußerung von @FrDingens sexistisch war, wird die Aussage von @sascha_p dadurch ja nicht entwertet.
Warum steht hier eigentlich nur @sascha_p so prominent am Pranger?
Weil er derjenige ist, der das Öl ins Feuer gegossen und anschließend @FrDingens an den Pranger gestellt hat und damit ein Paradebeispiel dafür ist, wie man einen Streit zwischen zwei Personen so eskalieren lässt, dass am Ende die Frau ihren Twitter-Account, ihre Facebook-Seite und ihren Internetauftritt löscht. Wäre es denn zu einem ähnlichen „Skandal“ gekommen wäre, hätte @sascha_p nicht eingegriffen? Ich denke, nein.
@sascha_p hat es geschafft, @FrDingens so lange zu provozieren, bis sie ihn beleidigt hat. Anschließend sieht er sich als Opfer einer Sexismus-Anschuldigung, statt die Verantwortung für seinen nicht unerheblichen Anteil am Ganzen zu übernehmen. Ihr Verhalten in der Kommunikation mit @sascha_p wird dramatisiert, sein Verhalten bagatellisiert. Dabei @FrDingens mangelnde Kritikfähigkeit zu unterstellen würde Fopperei und Trollerei als sachliche Kritik legitimieren.
Für Menschen, die FeministInnen und Feminismus feindlich gegenüber stehen, war das natürlich ein gefundenes Fressen. Ein harmloser Mann, der nur ein paar Späßchen gemacht hat, wird nun Opfer einer wütenden Feministin. Wieder ein Beweis für die Verbissenheit und Sturheit von ideologisch verblendeten Frauen, die Macht und Kontrolle über Männer erlangen wollen. Ich weiß nicht, ob @sascha_p bewusst ist, dass er da ein Spiel gespielt hat, dass FeministInnen von Frauenhasser schon zur Genüge kennen:
Wenn ich zeigen will, dass ein Hund bissig und gefährlich ist, muss ich nur lang genug auf den Hund einprügeln. Irgendwann beißt er zurück, und voila: ich habe den Beweis dafür, dass der Hund gefährlich ist.
Die Tweets der beiden haben natürlich Menschen aus allen Richtungen hervorgelockt, die ihrerseits wieder Öl ins Feuer gegossen haben. Aus vermeintlicher Solidarität oder nur aus reinem Egoismus haben viele (nicht alle) dabei den Bogen überspannt, sich einer Sprache bedient, die sie im Alltag eher nicht wählen würden, pauschalisiert, diskriminiert, etc. Auch das haben weder @FrDingens noch @sascha_p verdient.
„Vergiss nie, dass auf der anderen Seite ein Mensch sitzt“
Dieser Satz, diese Regel funktioniert leider nur, wenn wir andere Menschen und Meinungen auch respektieren und respektvoll miteinander umgehen. @FrDingens ist mit der Art ihrer Kritik an dem Artikel über die Jugendkultur im Internet wohl in diesem Punkt auch nicht sehr positiv aufgefallen. Hat sie das vorsätzlich so gemacht? Ich weiß es nicht. @sascha_p dagegen dokumentiert seinen Vorsatz sogar, von Anfang respektlos sein zu wollen.
Leute, ist euch egal, dass auf der anderen Seite ein Mensch sitzt?
Seid ihr, sind wir, ist das Internet nur noch ein einziger Witz?
„Hilf’, ‚flame wars‘ unter Kontrolle zu halten“
Ihr macht euch lustig über solche Auswüchse? Was tut ihr, um solche Konflikte unter Kontrolle zu halten, sie zu begrenzen oder sie sogar zu beenden? Erwachsene Menschen unterscheiden sich von Kindern dahingehend, dass sie sich ab und an auch ihrer Verantwortung bewusst sind und entsprechend handeln. Das Internet ist kein Vakuum und wir sind nicht alleine hier. Trolle sollten die Ausnahme, nicht die Regel sein. Hört auf, Öl ins Feuer zu gießen, und vergesst nie, dass auf der anderen Seite immer auch ein Mensch sitzt.
Nicht, dass hier der Eindruck entsteht, damals wäre alles viel besser gewesen. Die Netiquette ist entstanden, weil es auch damals schon Leute gab, die unangenehm aufgefallen sind. Das ist wohl leider normal. Ich hatte aber damals den Eindruck, weil das Internet damals für uns alle Neuland war, waren wir vorsichtiger und höflicher im Umgang miteinander. Und wir haben uns eher entschuldigt. Fehlermachen war da ganz natürlich, wenn auch vermeidbar.
Heute ist eine unüberschaubare Masse unterwegs und wir scheinen uns Gedanken darüber zu machen, wie wir in dieser anonymen Masse auffallen können. Und sei es, dass wir anderen mal zeigen müssen, wo es hier lang geht. Das mag dem eigenen Ego zwar schmeicheln, bringt uns menschlich aber nicht weiter.
Ich möchte mit einem Zitat aus dem Artikel schließen, der Ausgangspunkt für das ganze Drama war, der sich zwar auf junge Menschen bezieht, der aber alle Internet-User betreffen sollte:
„In der Stellenausschreibung von Buzzfeed Deutschland findet sich bei den gewünschten Eigenschaften ein interessanter Punkt, den Bewerber mitbringen sollten: ‚Emotionale Intelligenz und die Fähigkeit, sich in andere Menschen einzufühlen.‘
Wer sich weigert, die Bedürfnisse und Lebensräume von jungen Leuten in der digitalen Welt anzuerkennen und sich nicht mit nicht ihnen auseinandersetzt, sie ignoriert, weil es am bequemsten ist, der wird in Zukunft ein Problem bekommen.“
Update am 12.08.2014: Ich habe die Kommentarfunktion hier beendet und bitte euch um Verständnis hierfür. Danke!
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